Landkreis-Strahlenschutzkonzept im praktischen Test

Nach der Gründung der Strahlenschutzfeuerwehren (Bad Aibling, Bernau, Heufeld und Prien) im Jahr 2015 haben sich diese aufgestellt, eigenständig ausgebildet und fortgebildet. Sie bilden mit ihren Geräten und Fahrzeugen sowie jeweils rund 30 Einsatzkräften die zwei Strahlenschutzzüge im Landkreis Rosenheim.

In diesem Zusammenhang bestehen gute persönliche Kontakte des Kreisbrandmeisters Gefahrgut/Schienenverkehr, Christian Hof, zur WF Helmholtz, München (1. Kdt WF, B. Goldschmidt mit Teamkollege Paolo Ertelt für die Pyrotechnik, etc.), und zum Fachspezialisten Dr. W. Kirchinger, der die  Abteilung HSE MDRB – Medizinischer Dienst, Rettung und Brandschutz sowie die Abteilung Fortbildung am Institut für Strahlenschutz leitet. Außerdem fungiert der Mediziner als Leiter des Regionalen Strahlenschutzzentrums am Helmholtz-Zentrum München. Zudem gehört er der Ausschuss „Notfallschutz“ an – dadurch bekam der Landkreis Rosenheim einen kostenlosen ehrenamtlichen Trainingstag.

Diese unmittelbare fachliche Kompetenz in der Nähe des Landkreises Rosenheim ist im Alarmierungskonzept „Strahlenschutzeinsatz“ berücksichtigt. 2017 fuhren die oben aufgeführten Einheiten zu einem einmaligen Ausbildungstag nach München zum Helmholtz-Zentrum. Bei diesem Trainingstag standen die theoretische Auffrischung, Messtechnik und Einsatztaktik im Vordergrund. Das zentrale Lager für Radioaktive Zwischenlagerung und deren Spezialbehälter konnte besichtigt werden.

Nach der „Aufbauphase“ wollten diese Feuerwehren sich praktisch im Übungsbetrieb gemeinsam kennenlernen sowie von Experten begutachtet werden, um mögliche Änderungen vornehmen zu können.

Ein sehr umfangreiches Ausbildungsprogramm wurde von Kreisbrandmeister Christian Hof mit den Verantwortlichen der Abteilung „Strahlenschutz“ (Dr. W. Kirchinger, WF-Kdt. B. Goldschmidt und P. Ertelt) vom Helmholtz-Zentrum München für diesen Testtag aufgestellt. 58 Teilnehmer/-innen der Strahlenschutzfeuerwehren und einige Mitglieder der Kreisbrandinspektion Rosenheim trafen sich bei der Feuerwehr Bernau an einem Samstag zu einem gemeinsamen Spezial-Trainingstag.

Dr. W. Kirchinger erläuterte zu Beginn in einem theoretischen Unterricht die Erfahrungen und möglichen Probleme bei einem Strahlenschutzeinsatz an Hand vieler praktischer Beispiele. Nach einer kurzen Sicherheitsbelehrung konnten die verschiedenen Messgeräte an natürlichen und künstlichen Strahlern getestet werden.

Im Anschluss fand die erste Einsatzübung „Betriebsunfall in einer Firma“ statt. Dabei galt es, eine Menschenrettung durchzuführen sowie die Gefährdungsausbreitung einzudämmen. Weitere Schwerpunkte waren: Gefahrenkennzeichnungen an den Türen, Kontrollbereich, Befragung der Opfer, Raum für Spezialkräfte schaffen, Personendokumentation und verschiedene Anforderungen und Zusammenarbeit mit anderen BOS-Organisationen. Die verletzte Person sowie die Einsatzkräfte mussten durch einen Dekontaminationsnachweisplatz „frei“ gemessen werden. Dies stellt einen erheblichen Zeitaufwand (pro Person ca. 20 bis 30 Minuten) dar.  Die Übung wurde für die Nachbesprechung von den Experten per Video aufgenommen.

 

Nach einer kurzen Pause stand dann die zweite Übung am gemeindlichen Wasserwerk/Bauhof auf dem Programm. Übungslage war: „Verkehrsunfall – PKW gegen Mauer“. Bei der Erkundung durch den Einsatzleiter stellte sich heraus, dass sich eine verletzte Person im Kleintransporter mit einem gekennzeichneten radioaktiven Zeichen befand. Neben der Menschenrettung waren die Schwerpunkte dieser Übung: Frachtpapiere erkunden und auswerten, Ladung auf Zustand prüfen, Messwerte interpretieren, Einsatz unter geeigneter Schutzkleidung sowie Kontaminationsnachweisplatz.

Im Anschluss gab es ein gemeinsames Mittagessen im Feuerwehrhaus Bernau. Ein besonderer Dank geht an den 1. Kdt. Marcus Prassberger mit seinen Team, der die gesamte Organisation der Übungen, Stationsausbildungen und der Verpflegung übernommen hat. Dort konnten sich die Einsatzkräfte nicht nur stärken, sondern auch körperlich erholen. Sie gingen an die persönlichen Leistungsgrenzen unter den Strahlenschutz-Sonderschutzkleidungen, Atemschutz, etc. An diesen Tag war es extrem schwül und über 32 Grad heiß. Die Lehrgangsteilnehmer/-innen wurden durch diese Wetterlage unfreiwillig auf „Herz und Nieren“ getestet. Wegen dem extremen Wetter hatten die Organisatoren Hof und Prassberger auch die Verpflegungen angepasst sowie ausreichend Trinkwasser zur Verfügung gestellt.

Feuerwehrarzt Seb. Hundhammer war nicht nur bei den Übungen ständig präsent und aktiv ins Übungsgeschehen eingebunden, sondern sorgte auch für die Sicherheit der Teilnehmer/-innen. Es wurde ausreichend auf Flüssigkeitszufuhr, besonders nach dem Kontaminationsnachweisplatz, etc. geachtet. Wie wichtig ein Arzt im Kontaminationsnachweisplatz ist, wurde auch mehrfach von den Fachexperten bestätigt. Wegen der großen Hitze wurde die Abschlussübung mit allen vier Strahlenschutzfeuerwehren verschoben auf den Herbst 2019 beziehungsweise das Frühjahr 2020, wo diese Einheiten dann an einem Abbruchhaus eigenständig üben dürfen.

Die Experten vom Helmholtz-Zentrum zeigten am Nachmittag schließlich die Übungsfilme und konnten ihre praktischen Tipps und Tricks hierzu vermitteln.

Fazit des Trainingstages: Das Landkreis-Konzept „Strahlenschutzzüge“ ist gut aufgestellt und ein eingespieltes Team. Kleine Verbesserungen beziehungsweise Anregungen aus den Übungen werden in den nächsten Monaten umgesetzt. Voraussichtlich kann der Landkreis Rosenheim im Laufe der kommenden Jahre einen weiteren Trainingstag mit den Spezialisten des Helmholtz-Zentrums anbieten.

Die FwDV500 schreibt verschiedene Vorhaltungen für jede Gefahrgutfeuerwehr, wie  z.B. Stückzahlen an Geräten, Schutzanzüge, persönliche Schutzausrüstung, etc. vor. Hier sind möglicherweise einige Punkte zu beachten, beispielsweise Chemie-Gummistiefel, Dekon-Funktionswesten, Atemschutzfilter, usw. Eine einheitliche Dokumentationsvorlage ist von großer Bedeutung. Diese ist derzeit in Bearbeitung und wird zum Jahresende ausgehändigt. Aus den Erfahrungen der Experten sind für jede Strahlenschutzfeuerwehr mindestens zwei Kontaminationsnachweisgeräte von großer Wichtigkeit.  Eine Neuanschaffung von einigen Messgeräten ist derzeit am Laufen. Sind diese Punkte abgeschlossen, ist das Strahlenschutzkonzept wieder auf dem neuesten und aktuellsten Stand der Technik.

Ein besonderes Highlight nach dem Lehrgang hatte 1. Kdt. Marcus Prassberger noch für die Helmholtz-Ausbilder. Er organisierte spontan eine Bootsfahrt mit der Wasserwacht Bernau auf dem Chiemsee. Im Anschluss überreichte Christian Hof jedem Ausbilder ein typisches heimisches Präsent vom Chiemsee zum Verzehr.